Montag, 8. April 2013

"Between the lines": Kapitel 5

~ Kapitel 5 ~


Der Schultag gestern ging einfach perfekt zu Ende. Noch immer habe ich Noas eifersüchtiges Gesicht vor dem inneren Auge, was mich am nächsten morgen beschwingt aufstehen lässt. Ein wenig bremst mich der Muskelkater in den Beinen, der die Folge des gestrigen Sportunterrichtes ist, doch das stört mich herzlich wenig. Gestern mussten wir Ausdauerlaufen machen. Dreißig-Minuten-Lauf um genauer zu sein. Das heißt so viel Strecke wie möglich in 30 Minuten laufen, wie es geht. Ich liebe die Anstrengung bis zur endlosen Erschöpfung. Beim Rennen vergesse ich einfach alles um mich herum. Meine Umgebung, meine Situation, die Zeit, einfach alles! Ich rannte und rannte und merkte überhaupt nicht, dass ich total aus der Puste war. Erst als ich das laute Brüllen unserer Sportlehrerin hörte, die uns, oder eher gesagt nur mir klar machte, dass die Zeit um war. Ich hatte in meiner Anstrengung gar nicht gemerkt, dass ich schon längst nicht mehr weiter laufen musste. Noa saß zu diesem Zeitpunkt schon schnaufend und mit rot angelaufenem Gesicht am Rand der Halle und war kurz vor einem Zusammenbruch, soweit sie diesen nicht schon erlitten hatte. Ausdauer war so gar nicht ihre Stärke. Okay das ist etwas zu verallgemeinert. Eigentlich ist keine Sportart ihr Stärke. Ist das jetzt fies von mir? Nein! Sie sagt das ja selbst von sich und dafür hat sie schließlich andere Stärken. In Mathe zum Beispiel ist sie wirklich einsame Spitze, wobei ich an den Punkt komme mir wirklich mal Gedanken zu machen, mit wem ich für die in zwei Wochen bevorstehende Klassenarbeit lernen soll. Noa geht im Moment wohl schlecht. Ich laufe in Richtung Klassenzimmer und mache einen kurzen Boxenstopp am Vertretungsplan, vielleicht meint es das Schicksal ja gut mit mir und ich darf heute früher Heim gehen? Nein, Fehlanzeige. Ich lasse meine Augen über die ganzen Kleinanzeigen schweifen, manchmal steht dort was interessantes, was mir von Nutzen ist. Mein Blick bleibt an einem kleinen Zettel hängen. 

Hilfe! :)
Suche DRINGEND Nachhilfe in Mathe.
Bei Interesse meldet euch 
einfach unter 0038565984.

Wer auch immer diesen Hilferuf gestartet hat, er muss schlau sein. Ich grinse in mich hinein. Ich könnte den Zettel kurz entfernen, die darauf angegebene Nummer weg machen und meine stattdessen darunter setzten. Einer der kleinen Abziehstreifen fehlt ja schon, wahrscheinlich hat die Person sowieso schon jemanden gefunden, dann macht es sicher nichts, wenn ich mir seine Idee zu nutzen mache. Ich spüre ein Tippen auf meiner Schulte und drehe erschrocken den Kopf nach hinten um zu schauen, wer dieser Angreifer ist. Niemand geringeres als der grinsende Milan steht vor mir. "Hey Luca, na, in was bist du denn so vertieft?" fragt er mich, mir mit seinem zahnpastaweisen Lächeln entgegen strahlend. Autsch, das tut ja fast weh in den Augen, so hell wie die sind. Ja, dass ist mein erster Gedanke bei diesem Anblick... nein, Scherz beiseite, ich schaue ihn groß an. "Öhm, diese Anfrage nach Nachhilfe!" schaffe ich es endlich zu sagen. "Die Idee ist echt gut, hab ich nämlich auch dringend nötig!" schiebe ich schnell hinterher. Lächeln! Mahne ich mich und zeige ihm meine Zähne, die leider nicht ganz so weiß sind wie seine. Er fängt zu lachen an. Bei mir schellen alle Alarmglocken. Wieso lacht er. Hab ich was im Gesicht? In der Nase? Bin ich verschmiert oder rieche ich schlecht? Bevor ich das alles überprüfen kann erlöst mich Milan. "Was für ein Zufall! Die Anzeige ist von mir!" er lacht noch immer. "Echt?" ich schaue ihn erst verblüfft an, fange dann aber auch an zu lachen. "Ja und es hat sich auch schon jemand gemeldet!" grinst er. "Du Glücklicher! Ich weiß echt nicht wie ich das bis in zwei Wochen schaffen soll..." ich betrachte betrübt meine Schuhspitzen. "Hey, das packst du schon. Wenn du möchtest mach doch einfach mit. Das macht meiner neuen Nachhilfe sicher nichts aus!" Leise, ganz leise dringen die Worte an meine Ohren. Ich fasse es nicht. Hat Milan mir das gerade wirklich angeboten? Ich könnte schreien, was ich natürlich nicht mache! Nur ein ganz kleines, okay, ich geb's zu ein KLEINES Strahlen, stielt sich auf meine Lippen. "Wirklich?! Das wäre echt Klasse!!!" rufe ich begeistert aus und finde mich gleich darauf wieder peinlich. "Ja klar, finde ich super! Komm einfach  um kurz nach zehn Uhr zu mir nach Hause. Die Nachhilfe kommt um halb elf, dann können wir uns vielleicht schon ein bisschen einarbeiten!" er zwinkert mich grinsend zu und mein Herz macht einen riesen Satz bis in meinen Hals. Ich muss es erst runter schlucken bevor ich weiter sprechen kann. "Geht klar, und wo wohnst du?" bringe ich hervor. "Ouh ja sorry" er lacht. (Wie ich sein Lachen liebe!) "Mohnergasse 19, das findest du, oder?" er schaut mich fragend an. "Ja kein Ding, bestens!" ich lächele ihn an. "Freut mich!" er zwinkert mir ein letztes Mal lächelnd zu und ist schon verschwunden, bevor ich ihm sagen kann, dass ich mich auch freue. Wie sehr ich mich freue, das weiß aber nur ich!!

Tag: Samstagmorgen 
Uhrzeit: 10:09 Uhr
Ort: Mohnergasse 19

Ich kann selber noch nicht glauben wo ich gerade sitze. Nämlich auf Milans Sofa, in Milans Zimmer. Und wer sitzt links neben mir und bietet mir gerade etwas zu trinken an? Er! Also Milan! In meinem Inneren bebt alles vor Aufregung, doch nach Außen hin bin ich total cool. Das hoffe ich jedenfalls! Verteilt auf Milans rechten und auf meinem linken Bein liegt das Mathe Buch auf das wir beide konzentriert starren. (ja, wir sind uns total nah!) Irgendwann spüre ich Milans Blick an meiner Seite. "Verstehst du das? Also ich nicht!" er schaut mich verzweifelt grinsend an. Sonderlich schlimm, scheint er die Tatsache, dass er es nicht blickt nicht zu finden. "Nein, keine Spur." ich schüttel langsam den Kopf. "Woher hattest du denn vor ein paar Tagen die Hausaufgaben, wenn du es nicht verstehst?" hake ich nach. "Ach, das habe ich mit meinem alten Nachhilfelehrer gemacht gehabt, aber der kann nicht mehr." Er grinst mich verschwörerisch an, was ich sofort erwidere. Da klingelt es an der Türe. Halb elf. Pünktlich diese Nachhilfe. Lässig steht Milan auf und geht zur Tür, ich warte. Nach einiger Zeit höre ich Stimmen die Treppe hinaufklettern. Und da ist eine Stimme dabei, die wirklich unverkennbar ist, Noas! Ich gehe blitzschnell alle Möglichkeiten durch die ich jetzt habe und entscheide mich gleich für eine. Noa wird nicht merken, dass ich gar nicht wusste, dass sie die Nachhilfe ist, sie soll denken, ich hätte dass alles so eingefädelt. Jetzt wird nur eine geschockt sein, wenn sie das Zimmer betritt und die werde nicht ich sein. Komisch, dass sie so pünktlich ist, normalerweise ist sie eher unpünktlich, ich grinse, denn gleich wird ihre gute Laune wirklich verdorben sein. Ich setze mein schönstes Lächeln auf und warte. Da tritt Noa auch schon durch die Tür, gefolgt von Milan und nichts Böses ahnend. Als sie mich sieht gefriert ihr das eben noch glückliche Lächeln auf dem Gesicht ein und sie starrt mich mit erschrockenen Augen an. "Hey Noa!" ich winke ich blinzelnd zu.

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